Achtung, englisch! (Nur der erste Absatz…)
As you our faithful and dear readers know we have just returned from Bhutan, the country of happiness. Within no time we deem ourselves to be experts and professional interpreters on every term of happiness.
(Entspannen! Jetzt geht’s deutsch weiter…)
Wie treue Leser dieses Blogs wissen, sind wir kürzlich aus Bhutan zurückgekehrt, dem Land des Glücks schlechthin. Wir wähnten uns also bereits nach einer Woche als Erklärer und Auskenner des Glücksbegriffs.
Bhutan hat in der Verfassung den Grundsatz verankert, dass man nicht den materiellen Wohlstand, bei uns abgebildet durch den Index des Bruttosozialprodukts (BSP) mehren möchte, sondern den des “Gross-National-Happiness” (GNH). Dem König bzw. der Regierung ist “Happiness” der Bhutanesen als wichtiger als materieller Reichtum.
Als ich in Bhutan immer wieder den Begriff “happiness” gehört habe, ist mir aufgefallen, dass wir im Deutschen keinen adäquaten Begriff dafür haben. Meist wird der bhutanesische Grundsatz des Strebens nach “happiness” als “Streben nach Glück” übersetzt. Aber ist “happiness” wirklich “Glück”? Was ist eigentlich Glück?
Die deutsche Sprache rühmt sich damit, facettenreich, differenziert, wortreich und poetisch die gesamte Palette des menschlichen Daseins abbilden zu können. Worte wie “Weltschmerz” oder “Schadenfreude” müssen in andere Sprachen in lange erklärende Sätze übersetzt werden. (OK, die Isländer haben mehr Wörter für Schnee, aber wenn ich mir die Novembersituation anschaue, sollten wir uns wahrscheinlich noch ein paar Varianten für die Worte “nasskalt” und “grau” einfallen lassen …)
Wenn es stimmt, dass wir für die verschiedenen Gefühle ein unendliches Repertoire an Wörtern haben, warum nicht für die vielen verschiedenen Arten und Differenzierungen von Glück?
Vor wenigen Wochen wurde ein deutscher Glücksatlas veröffentlicht (von der Deutschen Post! Mehr Selbstironie geht nicht!). Das hat mich als selbsternannter Glücksexperte natürlich sofort interessiert. Der Glücksatlas sollte darstellen, wo in Deutschland die Menschen am glücklichsten sind. Und bereits im ersten Satz ist nicht mehr von “Glück” sondern von “Zufriedenheit” die Rede. Seit wann ist man glücklich, wenn man zufrieden ist? Wenn man die Menschen nach Ihrem Glück fragen würde, würde man ganz andere Antworten erhalten, als wenn man sie nach ihrer Zufriedenheit fragt.
Meine These ist, dass wir Deutschen uns sehr schwer damit tun, glücklich zu sein und deswegen lieber zufrieden sind. Und noch viel schwerer ist es zuzugeben, glücklich zu sein. Glück ist ein großes Wort, da gibt es kein Zurück mehr. Zufrieden sind wir alle, mehr oder weniger. Das kann man abwägen, differenzieren, relativieren. Wer zufrieden ist, macht sich nicht angreifbar. Aber glücklich? Wer öffentlich einfach so von sich gibt, dass er/sie glücklich ist, ist entweder debil oder verliebt. Also nach normativen Maßstäben nicht wirklich zurechnungsfähig.
Meine fremdsprachlichen Fähigkeiten beschränken sich nur auf’s Englische, aber bereits dort gibt es so viele unterschiedliche Wörter, für die wir im Deutschen nur ein undifferenziertes und damit belangloses “glücklich” anbieten können, obwohl es völlig verschiedene Bedeutungen gibt.
Hier sind drei Beispiele, die mich an der Vielfalt der deutschen Sprache zweifeln lassen, all diese Wörter werden im Deutschen als “glücklich” übersetzt:
“Lucky”, glücklich im Gegensatz zu “Pech gehabt”.
“Fortunate”, glücklich im Sinne von reich.
“Happy”, glücklich im Gegensatz zu traurig.
Ich vermute, dass die deutsche Sprache deswegen keine differenzierten Wörter dafür bereit hat, weil “Glück” nicht unbedingt zu den Kernbereichen unserer Kultur gehört . Wir Deutschen können zögerlich, nachdenklich, grundsätzlich und ernsthaft sein. Aber das Glück kommt dieser Haltung leider in die Quere.
Eigentlich bräuchten wir auch nur ein einziges Wort für Glück: nämlich dann, wenn man auf die Frage “Bist Du glücklich?” einfach nur mit “Ja” antworten kann. Ganz einfach, oder?